Zum Abschied aus dem Nationalteam
Philip Birker im Porträt

Den 9-fachen Badminton-Staatsmeister erwarten große Veränderungen. Eine Geschichte zwischen Weltmeisterschaften, dem Schachbrett und Oreo-Keksen.
Unscheinbar, nicht unbedeutsam. Das Klatschen der rund 50 Zuschauer wird immer schneller, der Schiedsrichter verkündet den Spielstand: „twenty matchpoint seventeen.“ Birker stellt sich zur Annahme. Sein Schläger ist ruhig, seine Augen fokussiert - alles ist einstudiert. In der Halle wird es leise und sein Gegner serviert. Alles wirkt so normal an diesem Tag in Prag. Doch für Philip Birker war klar, dass er gerade sein wohl letztes Match auf internationaler Bühne spielt. Eine zwei-satz Niederlage gegen das tschechische Einser-Doppel sollte es sein.
Bei vier Weltmeisterschaften, zwei European-Games und zwei Europameisterschaften hat Philip Birker Österreich vertreten. Der 25-jährige Heeresleistungssportler bildet in den vergangenen Jahren stets die Spitze des nationalen Badmintonsports. Doch was macht ihn eigentlich so gut? Sein Aufschlag ist es nicht. Viel eher ist es seine Konsequenz. Schlichtweg harte Arbeit - Training für Training, Tag für Tag. So konnte sich der Doppelspezialist in den letzten vier Jahren jährlich zum Doppel- und Mixed-Staatsmeister küren. An den Doppeldisziplinen fasziniert Birker besonders das hohe Spieltempo und die Zusammenarbeit mit seinen Partnern.
Von den Sommerkursen zum Traumberuf
Bei den Sportkursen der Stadt Graz hat Birker 2008 seine Liebe zum Badminton entflammt. Der gebürtige Grazer wurde schon bald nach seinem Beitritt zum Verein DropIn Badminton Graz ins Leistungszentrum Steiermark aufgenommen. Fortan trainierte er bis 2017 mit Trainerin Hertha Almer. Ihr sei ein großer Teil seiner sportlichen Entwicklung zuzuschreiben: „Hertha bin ich bis heute dankbar für ihr unfassbares Engagement“, sagt Birker. Nach der Matura am Sport-BORG Graz zog Birker nach Wien, um am Bundesleistungszentrum zu trainieren. Das Studium nahm zu Beginn nur eine untergeordnete Rolle ein - es stand die sportliche Entwicklung im Vordergrund. Mit der Unterstützung des Heeressportzentrums konnte Birker seit 2017 seine Leidenschaft zum Beruf machen. Als seinen größten sportlichen Erfolg sieht er den Turniersieg bei den Bulgarian International Championships 2019 im Herrendoppel.
In der letzten Zeit lag sein Fokus allerdings auf dem Mixeddoppel. Seine langjährige Mixed-Partnerin Katharina Hochmeir hebt den Erstrundensieg bei den Europameisterschaften 2022 als besonderen Erfolg hervor: „Das war wirklich cool, dort noch einmal die Chance zu bekommen“ (Anm.: im Achtelfinale der Europameisterschaft). Eine großartige Erfahrung sein auch die European Games 2023 in Polen gewesen. „Die Einkleidung, die Anreise und alles rund-herum war dort einfach perfekt“, sagt Hochmeir. Als Draufgabe konnte das Top-Mixed des Österreichischen Badminton Verbandes ihr erstes Spiel in eindrucksvoller Manier gewinnen. Daraufhin waren zwei klare Niederlagen gegen die jeweiligen Top-Mixed aus England und Deutschland zu verbuchen.
Als wohl härteste Niederlage bleibt Birker die erste Runde der Weltmeisterschaft in Spanien in Erinnerung: „Da hatten wir eine ziemlich gute Auslosung, die haben wir dann nicht genutzt. Das lag hauptsächlich an mir.“
Auch Gesundheitlich musste Birker einige Rückschläge einstecken: „Mein Rücken hat mir einige Zeit Probleme gemacht und seit knapp einem Jahr haben meine Knie auch nicht mehr ganz mitgespielt. Solche Dinge zehren an der Motivation.“
Privatleben
Seit Juli letzten Jahres ist Birker verlobt - das war für ihn der größte Erfolg auf privater Ebene. Im kommenden Jahr steht seine Hochzeit an. Birker ist sich jedoch auch bewusst, dass es als Sportler nicht ganz einfach ist, eine Beziehung zu führen. Mit rund 20 Auslandsreisen pro Jahr sei es eine Herausforderung, ständig in Kontakt zu bleiben. Eine Lösung war es, manche Turnierreisen gemeinsam anzutreten. Michaela, seine Verlobte sieht das Positive: „Ich konnte Philip zum Beispiel zur WM nach Kopenhagen begleiten.“
Schach und Oreos
Im Nationalteam wird - oder besser wurde - der gebürtige Grazer meist mit seinem Nachnamen angesprochen. Wenn „da Birka“ nicht gerade in die Federn haut, spielt er gerne Schach. Davon erzählen auch seine Partner, die ihn auf Reisen in zahllosen Facetten kennenlernten. „Er hat extrem viel Onlineschach gespielt. Dazu gab es fast immer Oreo-Kekse“, erzählt sein ehemaliger Doppel-Partner Philipp Drexler. Birker gibt zu, dass Oreos für ihn zu einer Turnierreise dazugehören: „Eigentlich nur auf Turnieren und meistens erst, wenn ich nicht mehr im Bewerb war.“
Ich glaube ich wäre kein guter Trainer
Nach neun Staatsmeister Titeln, vier WM-Teilnahmen und unzähligen Trainingsstunden zog sich der gebürtige Grazer mit Beginn diesen Jahres aus dem Badminton-Nationalkader zurück. „In den letzten Monaten hat es mir einfach keinen Spaß mehr gemacht“, sagt Birker. Er möchte sich vollkommen auf sein Studium der Volkswirtschaftslehre konzentrieren. Eine Trainierkarriere sei für ihn keine realistische Option: „Ich glaube ich wäre wirklich kein guter Trainer“, sagt Birker mit einem Schmunzeln im Gesicht. Wie er zu dieser Einschätzung kommt, weiß er nicht genau. Dem Badmintonsport bleibt er jedenfalls in der österreichischen und deutschen Bundesliga erhalten.
Anfang Februar 2024 versucht Birker seine Trophäensammlung mit der zehnten Goldmedaille der Staatsmeisterschaften zu komplettieren.
Bericht: Gustav Andree