Eine Österreicherin war als Linienrichterin im Einsatz...
Denmark Open 2014

Die Vorarlbergerin Christa Küzler war bei den "Denmark Open 2014" - einem BWF-Turnier der höchsten Kategorie (Super Series) - erstmals als Linienrichter im Einsatz. In einem Bericht schildert sie ihre Eindrücke:
"Der ÖBV hat vom dänischen Badmintonverband eine Einladung für zwei Linienrichter zum BWF Turnier nach Dänemark erhalten. Ich habe mich gemeldet, um bei diesem topbesetzten Turnier teilzunehmen.
Am Montag war Anreisetag. Ich landete nachmittags in Kopenhagen wo ich abgeholt wurde und mit einigen asiatischen Spielern in einem Kleinbus in die ca. zwei Stunden entfernte Stadt Odense auf der Insel Funen gebracht wurde. Die Hongkong Chinesen waren bekannte Spieler wie ich später auf dem Court bemerkt habe. Wir haben uns während des Turnieres immer wieder getroffen.
Wir waren in einem guten Hotel am Stadtrand untergebracht. Von Ole und Allan vom dänischen Linienrichterverband wurde ich herzlich empfangen. Beim ersten Briefing abends um 22 Uhr waren bereits alle internationalen Linejudges (LJ) anwesend. Die Dänen stießen am nächsten Tag in der Halle zu uns. Insgesamt waren wir ca. 50 LJ.
Am nächsten Morgen erhielten wir in der Halle nach einem kurzen Briefing die einheitliche Arbeitskleidung. Die LJs wurden in Teams eingeteilt. Es wurde auf vier Feldern gespielt. Jedem Feld wurden zwei LJ Teams mit je sechs LJ zugeteilt, die abwechselnd am Spielfeld waren. Auch die Linienrichter untereinander übernahmen in einer bestimmten Reihenfolge immer wieder andere Linien, so hatte jeder verschiedene Linien zu übernehmen.
Wer annahm, die Qualifikationsspiele seien eine lockere Sache, irrte sich. Nach einem aufregenden Mixeddoppel über heiße Herreneinzel hin zu Dameneinzel hatten wir am Ende des Tages acht anstrengende Spieleinsätze. Dazwischen wurden wir immer gut verpflegt. In den Pausen konnte man den Spielern beim Training zusehen, oder sich Spiele ansehen.
Die einzige österreichische Teilnehmerin, Simone Prutsch, verlor leider in der Qualifikation, gegen die Vietnamesin Thi Trang, mit 14-21 und 24-26. Den an diesem Tag spielenden Deutschen ging es ähnlich.
Am nächsten Morgen wurden die LJ Teams neu eingeteilt. Ich hatte das Glück am Court Nr. 1 zu sein. Dort gab es ein Challenge System, besser bekannt vom Tennis das sog. Hawk Eye, ein computergestütztes System zur Balldokumentation. Jeder Spieler hatte die Möglichkeit, zweimal innerhalb eines Spieles die Entscheidung des LJ über das System überprüfen zu lassen. Falls sich der LJ irrt, behält der Spieler beide Calls. Wir Linienrichter hatten somit auch eine Bestätigung unserer Entscheidungen. Bei manchen Bällen, vor allem an der Grundlinie, ist es manchmal sehr schwer, zwischen in und out zu entscheiden. Weltklassespieler wie Lin Dan, Jan Jorgensen, Chen Long
. um nur einige aus diesem Weltklasse-Starterfeld zu nennen, spielen immer wieder knapp an die Linien
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Ich wurde viermal gechallenged, zweimal war ich richtig, zweimal knapp daneben. Das war eine gute Erfahrung. Mein Topspiel des Tages war Lin Dan, mehrmaliger Weltmeister und Olympiasieger, gegen Tien Chen Chou (Nr. 12 in der WR). Ein super Spiel, mit allem, was Badminton bieten kann. Nach über einer Stunde Spielzeit gewann Dan Lin knapp mit 22-20, 10-21, 21-18. Aber auch erstklassige Herrendoppel, Dameneinzel und andere Herreneinzel habe ich in meiner Position direkt am Spielfeld miterlebt. Auch am nächsten Tag hatte ich immer wieder aufregende Weltklassespiele. Vor allem die Dänen spielten großartig.
Am Freitag wurde erst ab 15 Uhr gespielt. So wurde für uns LJ und Schiedsrichter eine interessante Stadtführung durch Odense organisiert. Wir besuchten u. a. das H.C. Andersen Museum. Odense ist die drittgrößte dänische Stadt (172.000 EW) und liegt auf der Insel Fünen, die über eine 18 km lange Brücke mit dem Festland verbunden ist. Die schöne, mittelalterliche Innenstadt bietet viele Möglichkeiten.
Am Nachmittag war ich auf Court Nr. 3 und erlebte attraktive Spiele: Weltmeister Long Chen gegen Brice Leverdez, den groß aufspielenden Franzosen, der klar mit 21-9 und 21-7 verlor. Bei den Damen war ich LJ bei der Nr. 1 der Weltrangliste Yuerui Li gegen die Amerikanerin Beiwen Zhang. Ein spannendes Spiel, das Zhang im dritten Satz dann doch klar verlor. Li spielt ohne Emotionen ihre Spiele herunter, ganz anders ist da Long Chen, der ein toller Spieler war und seine Leidenschaft zeigte.
Leider ist der Weltranglistendritte, der Lokalmatador Jan Jorgensen gegen den Inder Kashyap Parupalli (7) unterlegen. Zwei dänische Damendoppel sind im Viertelfinale knapp ausgeschieden. Für das dänische Herrendoppel Boe/Mogensen war erst im Halbfinale gegen die koreanischen Weltmeister Lee/Yoo Schluss. Die Stimmung in der vollen Halle war fantastisch, über 2.000 Zuschauer feuerten die heimischen Spieler an.
Am Finaltag hatte ich das Glück, bei zwei Weltklassespielen an der Linie zu sein: im Mixeddoppel Chen Xu/Jin Ma (China) gegen die Indonesier Tontowi Ahmad/Lillyana Natsir, alles Weltranglisten Top 5 SpielerInnen. Die Chinesen gewannen das hochklassige Mixed mit 22-20, 21-15.
Der Höhepunkt für mich war das Herreneinzel Finale: der amtierende Weltmeister Long Chen gegen den Koreaner Wan Ho Son (WR 6). Ich war voll konzentriert an der Baseline. Es gab bei mir keine Challenge, jedoch zwei an den Seitenlinien, die die LJ Entscheidungen immer bestätigten. Das Spiel war ein Krimi, superspannend, Badminton auf höchstem Niveau, das nach über einer Stunde Spielzeit knapp mit 21-19 und 24-22 an Long Chen ging. Preisgeld: 45.000 Euro.
So ging eine aufregende Badmintonwoche zu Ende. Ich habe viele Erfahrungen als Linienrichter mitgenommen. Das war sicher nicht mein letztes BWF Turnier. Auch die freundschaftliche Atmosphäre unter den Kollegen war besonders angenehm. Offizielle Sprache war Englisch, die LJ kamen aus England, Holland, Frankreich, Deutschland, Dänemark
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Es wäre schön, wenn sich auch bei uns im Land Badmintonspieler als Linienrichter bereitstellen würden. Es ist Übungssache die Bälle zu sehen und eine sehr lohnende Aufgabe man hat die besten Spiele direkt vor sich, man ist mitten drin."
Christa Küzler ist geprüfte ÖBV-Schiedsrichterin.